Großbritannien und die USA waren die Vorreiter im Eisenbahnbau. Hier wurden die ersten Schienenstrecken gebaut, so wie man sie bereits seit dem 16. Jahrhundert in Minen verwendet hatte. So wie dort wurden anfangs auch die oberirdischen Wagen von Pferden gezogen. Auf diese Weise wurden seit dem frühen 18. Jahrhundert Güter und später auch Personen transportiert.  Nach Erfindung der Dampfmaschine 1778 durch Boulton und Watt fuhr die erste Dampflokomotive 1802 in England auf einer Schienenstrecke in dem Eisenwerk in Dowlais in Südwales.  1825 und 1830 eröffneten George und Robert Stephenson die ersten Eisenbahnen zur Beförderung von Personen und Gütern von Stockton nach Darlington und Liverpool nach Manchester.  Auf dem Kontinent wurden erst 1835 die ersten mit Dampfmaschinen betriebenen Eisenbahnen eröffnet, nämlich von Brüssel nach Mecheln und etwas später von Nürnberg nach Fürth. Die ersten Bahnhofsgebäude wurden folgerichtig den "Posthöfen" nachempfunden, die zur Zeit des Kutschentransports die gleichen Funktionen innegehabt hatten und sicher auch oft zu Bahnhöfen umgebaut und erweitert worden sind. Der Bahnhof übernahm vermutlich auch seinen Namen von ihnen.  Diese Posthöfe an den Anfangs- und Endpunkten einer Strecke und an wenigen (Haupt-)Stellen, bestanden aus einer Ansammlung von Gebäuden, in denen Ställe, Wagenschuppen und Unterkünfte untergebracht waren. Wie bei Gehöften verband ein Innenhof die einzelnen Bauten. Als Zwischenstationen benutzte man Gasthäuser, die auf der Strecke lagen.  Viele Stationen der ersten pferdebetriebenen Bahnstrecken ähnelten auch weiterhin Bauern- und Gasthöfen, da sie wie diese noch Schmieden und Stallungen besitzen mußten. Oft zäunte man die Empfangsgebäude auch ein und schuf Tore für die Züge.  Auch später noch setzte man Bahnhofsgebäude mit Stadttoren gleich, sind doch beide das erste bzw. letzte, was An- und Abfahrende von einer Stadt sehen.  Ein frühes, sehr berühmtes Beispiel ist "Euston Station" in London von Robert Stephenson und Philip Hardwick von 1835-39. Hier gelangte man durch einen riesigen, offenen Torbau im griechisch-dorischen Stil zu den dahinterliegenden Empfangsgebäuden. In den ersten fünfzig Jahren war der englische Eisenbahnbau richtungsweisend.  So besaß bereits einer der ersten uns bekannten englischen Bahnhöfe, die "Crown Street Station" in Liverpool von 1830 einen Verkaufs- und Warteraum, ein mehrere Gleise bedeckendes Schutzdach - Vorläufer der riesigen Bahnsteighallen - und einen von der Straße abgetrennten Wagenhof - eine Anlage, die vorbildlich für Bahnhöfe auf der ganzen Welt wurde. Ganz allgemein lassen sich verschiedene Bahnhoftypen unterscheiden, die nach und nach entwickelt wurden: der Durchgangsbahnhof mit einem Empfangsgebäude in Seitenlage ist die häufigste Form, da sie bei allen Zwischenstationen und auch einigen Hauptstationen verwendet wurde.  Am Anfang und Ende von Bahnlinien wurden seit dem Bau der Gare de L'Est in Paris (1847-52) meistens Kopfbahnhöfe errichtet mit Empfangsgebäuden in Stirn- oder Seitenlage. Der Vorteil war hierbei, dass man den Bahnhof näher an das Stadtzentrum heranführen konnte; der Nachteil lag in der komplizierten Schienenführung und dem größeren Landverbrauch.  Viel seltener sind Inselbahnhöfe mit zwischen den Gleisen liegenden Empfangsgebäuden und Keilbahnhöfe, die dort nötig werden, wo zwei Bahnlinien zusammenlaufen.  In Deutschland hatte man bereits kurz nach dem Bau der ersten Eisenbahnen ziemlich genaue Vorstellungen vom Aussehen der Bahnhöfe. 1837/38 definierte der Berliner Architektenverein im "Architektonischen Album" die Bauaufgabe Bahnhof folgendermaßen:  "1. Ein Gebäude, in welchem sich die Reisenden vor der Abfahrt versammeln, und neben welchem die bedeckte Einsteighalle liegt  2. Diesem gegenüber eine ähnliche Halle zum Aussteigen, davor ein freier Platz für die Aufstellung der Stadtwagen...  3. Ein Portal mit Türmen, um den Anfang einer Weltstraße nicht bloß architektonisch zu charakterisieren, sondern auch tatsächlich Vorrichtungen aufzunehmen, die ankommenden Lokomotiven zum Beginn der neuen Fahrt zu wenden...  4. Geschäfts- und Wohnräume für Beamtenpersonal  5. Räume für Passagiergepäck und Frachtgüter  6. Lokomotivschuppen mit der Vorrichtung zum Wassernehmen  7. Wagenhäuser  8. Werkstätten  9. Gelasse für Brenn- und Schmiermaterial".  Damit sind bereits alle wichtigen Elemente eines Bahnhofs genannt. Besonders interessant ist Punkt 3, der anschaulich macht, wie sehr man in der Frühzeit des Eisenbahnbaus den Bahnhof mit dem Stadttor gleichsetzte. Aufschlußreich sind auch die Punkte 1 und 2, die eine strenge Trennung von An- und Abfahrenden vorsehen, die in der Frühzeit auch eingehalten wurde. Bei Endbahnhöfen wurden sogar oft zwei getrennte Gebäude angelegt. 1850 dann veröffentlichte der 1846 gegründete "Verein deutscher Eisenbahnverwaltungen" die "Grundzüge für die einheitliche Gestaltung der Eisenbahnen Deutschlands" : nach englischem Vorbild wurden die geplanten Bahnhöfe je nach dem zu erwartenden Verkehrsaufkommen in Haupt- und Zwischenstationen und Haltepunkte eingeteilt.  Daraus ergab sich auch die Form der Bahnhöfe, da die größten Städte mit Hauptstationen anfangs immer am Beginn bzw. am Ende einer Schienenstrecke lagen und deshalb Kopfbahnhöfe erhielten, da diese am besten in Stadtzentren angelegt werden konnten. Erst mit Ausweitung des Eisenbahnnetzes nahmen die Nachteile der Kopfbahnhöfe zu, so dass man später von ihnen abkam und auch viele nachträglich veränderte.  Alle Zwischenstationen und Haltepunkte erhielten Durchgangsbahnhöfe, die am Rande oder außerhalb der Ortschaften lagen. Hier sind Empfangsgebäude in Seitenlage die Regel - bei allen hier beschriebenen Empfangsgebäuden handelt es sich um eben solche. Ein Problem bei Durchgangsbahnhöfen war von Anfang an, dass die Reisenden die Gleise irgendwie überqueren mußten, sobald die Züge nicht am Hausbahnsteig ankamen oder abfuhren. Bei gleich hoch gelegenen Empfangsgebäuden und Gleisen schuf man Personentunnel oder - jedoch seltener - Brücken, wobei man allerdings jeweils zwei Treppen nehmen mußte. Eine Möglichkeit bestand auch darin, entweder die Gleise oder das Empfangsgebäude höher zu legen, so dass die Fahrgäste nur einmal hinauf- oder hinabsteigen mußten. Bei kleineren und mittleren Empfangsgebäuden setzten sich jedoch die Personentunnel durch. Dies alles und die festgelegte Art und Anzahl der Räume ergaben bereits im groben den Grundriß des jeweiligen Empfangsgebäudes. So sollten Haltepunktgebäude nur mit Bahnwartszimmer, Warteraum, Fahrkartenschalter und Aborten ausgestattet sein, wobei der Warteraum den alleinigen Zugang zum Bahnsteig enthielt. Empfangsgebäude der Zwischenstationen sollten ein oder zwei Warteräume besitzen, Fahrkartenschalter und Gepäckaufgabe, ein Zimmer für den Bürodiener und eine Dienstwohnung im ersten Obergeschoß. Dazu gehörten außerdem noch zahlreiche weitere "Anlagen" wie die Zufahrtsstraße, der Vorplatz, die Bahnsteige oder Perrons, Verladeplätze, Wagen- und Lokremisen, eine Drehscheibe, Weichen usw. Entsprechend aufwendiger waren natürlich die Hauptstationen, deren Empfangsgebäude unter anderem noch eine Vorhalle, zusätzliche Wartesäle mit Gastwirtschaft und Wohnungen für mehrere Angestellte enthalten sollten. Bei allen Stationen achtete man besonders auf die Bequemlichkeit und Sicherheit der Reisenden und des Bahnpersonals und auf die möglichst schnelle Abwicklung der Betriebsarbeiten. Grundsätzlich sollten der Fahrkartenschalter und die Gepäckaufgabe leicht von den Wartezimmern aus zu finden sein. Direkte Zugänge von den Warteräumen und der Gepäckaufgabe zum Hausbahnsteig waren selbstverständlich.  Auch die Bahnhofsuhr wurde 1850 bereits vorgeschrieben. Während in den USA Schlafwagen bereits ab 1865 gebaut worden waren , setzte man diese auf dem europäischen Kontinent erst 1873 ein. Bis zu diesem Zeitpunkt waren die Züge nur tagsüber gefahren und nachts an Hauptstationen untergestellt worden. Deshalb hatte es ursprünglich auch immer Übernachtungsmöglichkeiten an großen Empfangsgebäuden gegeben; besonders in England gab es prächtige, sogenannte "Terminus hotels", die an die Empfangsgebäude angebaut waren.  Der erste Speisewagen fuhr in England 1879, in Deutschland 1880, so dass die Züge mittags nicht mehr an Hauptstationen halten mußten, damit die Reisenden etwas essen konnten. Nachdem Bismarcks Idee einer "Reichsbahn" mehrmals am Bundesrat gescheitert war, wurde die Verstaatlichung der preußischen Eisenbahnen beschlossen. 1878 wurde ein Eisenbahn-Ministerium eingeführt und bis etwa 1888 waren sämtliche Privatbahnen im Besitz des Staates. Die "Königlich Preußische Staatseisenbahn" war geboren. Ab 1. Oktober 1893 sorgte die Einführung von Bahnsteigsperren auf allen preußischen Staatsbahnen für weitere bauliche Veränderungen. An den Sperren wurden von nun an die Fahrkarten kontrolliert, ohne die man nur mit besonderen "Bahnsteigkarten" zu den Zügen gelangen konnte. Die Warteräume, die bisher Aufenthalts- und Durchgangsräume zugleich waren, sollten den Fahrgästen vorbehalten sein. Deshalb stellte man von nun an die Vorhalle als zentralen Raum in den Mittelpunkt, von dem aus man alle anderen Räume und die Bahnsteige erreichen konnte.  Diese Forderungen machten natürlich auch Umbaumaßnahmen bei den vorhandenen Empfangsgebäuden erforderlich. Schutzdächer über den Bahnsteigen, wie sie heute überall üblich sind, gab es anfangs nur bei großen Bahnhöfen. Sogar die Dächer über den Hausbahnsteigen wurden meist erst spät angebracht. Diese Konstruktionen mit einer Reihe gußeiserner Säulen und auf Konsolen liegenden Dächern sind vielfach noch erhalten. Auf den übrigen Bahnsteigen errichtete man freistehende Bahnsteigdächer.

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