Ottweiler
Das erste Empfangsgebäude von Ottweiler an der Rhein-Nahe-Bahn wurde 1859 erbaut. Es handelte sich dabei um einen Fachwerkbau, vermutlich ein Provisorium, das aber wegen der finanziellen Schwierigkeiten der Rhein-Nahe-Bahn lange in Betrieb blieb. An seine Stelle trat 1877 das heutige Empfangsgebäude. Bei der Bundesbahn Saarbrücken liegen zwei Grundrisse vor, einer von 1987 und ein älterer ohne Datumsangabe. Sie unterscheiden sich jedoch nur durch die Treppen, die zu den Eingängen führen und durch die Tatsache, dass bei dem älteren die Gaststätte in einen 1. und 2. Klasse-Raum unterteilt ist. Durch zwei Eingänge in den beiden südlichen Achsen des Mittelrisalits betritt man die Vorhalle, an die sich links die Gepäckaufgabe und der Fahrkartenschalter und rechts die Gaststätte anschließt. Durch zwei genau gegenüberliegende Ausgänge kommt man auf den Hausbahnsteig. Die übrigen Bahnsteige erreichen die Fahrgäste durch einen an der Gleisseite liegenden Personentunnel. Die Betriebsräume nehmen den nördlichen Teil des Gebäudes ein. Man kann wohl davon ausgehen, dass die südlichen vier Achsen mit dem Gasthaus später angefügt wurden, so dass es sich bei dem ursprünglichen Gebäude um einen einfachen Rechteckbau mit südlichem Eckrisalit mit Frontgiebel gehandelt hat - ein Typus, der im Saarland ebenfalls häufiger vertreten ist.
Das Ottweiler Empfangsgebäude präsentiert sich als zweigeschossiger, verputzter, traufständiger Bau mit schiefergedecktem Satteldach. Im Erdgeschoss befinden sich Rundbogentüren bzw. -fenster, deren profilierte Rahmen bis auf den Sockel heruntergezogen sind. Darüber sitzen die schon bekannten bogenförmigen Leisten auf Konsolen. Darüber befinden sich ein schwach ausgeprägtes Gurtgesims und ein stärker vorspringendes Sohlbankgesims. Die Fenster im ersten Obergeschoss sind rechteckig mit profilierten Rahmen und Fensterverdachungen in Form von vereinfachten Gebälkstücken. Die kleinen, rechteckigen Zwillingsfenster des Dachgeschosses sitzen auf einem profilierten Sohlbankgesims und verschwinden fast unter dem vorspringenden Dach. In den Giebeln des Risalits sitzen an der Straßenseite ein Rundfenster und an der Gleisseite ein zweiteiliges Rechteckfenster, das die Form des Obergeschosses verkleinert wiederholt. Die drei Eingänge im Risalit sind wie die übrigen Rundbogenöffnungen gestaltet. Sie sind jedoch näher zusammengerückt und bilden eine dreibogige Arkade. Die Gleisfassade ist im Erdgeschoss zum größten Teil von zwei eingeschossigen Anbauten, die 1961 angefügt wurden, verdeckt. Ein Schutzdach wurde später angefügt. Die südlichen vier Achsen weisen dieselbe Gestaltung auf, sind aber eingeschossig. Ähnlich dem Merziger Empfangsgebäude ist auch der Ottweiler Bau einem "klassizistischen Rundbogenstil" zuzuordnen, im Gegensatz zu den schlichteren Empfangsgebäuden von St. Ingbert und Bexbach. Vor allem die antikisierenden Fenster des Obergeschosses sind auffallend, da sie keine einfachen Rahmen besitzen, sondern Fensterverdachungen in Form von Gebälken. Darin ähnelt dieses Gebäude wieder dem schon bekannten Bau in Eschweiler. Obwohl in Ottweiler nicht wie dort der Typ des Schlosses gewählt wurde, stimmen die Binnenformen stark überein: neben den Rechteckfenstern auf Sohlbankgesimsen, den gekuppelten Dachgeschossöffnungen und dem Rundfenster bzw. der Bahnhofsuhr in den Frontgiebeln erscheinen auch bei beiden Rundbogenöffnungen in den Erdgeschossen, mit heruntergezogenen Rahmen und in den Risaliten zu dreibogigen Arkaden zusammengefasst.
Das Motiv der an der Straßenfassade gelegenen Arkaden wurde im Rundbogenstil entwickelt. Zunächst aus der Notwendigkeit heraus entstanden, den Reisewilligen Offenheit zu suggerieren , verselbständigte es sich schnell und wurde zu dem Bahnhofscharakteristikum schlechthin. Bei großen Empfangsgebäuden oft über die ganze Breite der Straßenfront reichend, wurde es bei kleinen Bauten auf drei oder seltener zwei Arkadenstellungen im Mittelrisalit reduziert. Waren die Arkaden im Rundbogenstil noch häufig offen und wiesen die Form von Portiken auf, so ging man später zu verglasten oder auch Blendarkaden über. Hohe Fensterreihen können als letzte Entwicklungstufe dieser Form gelten. Dass sich der Typus der aneinandergereihten Öffnungen entwickelte und durchsetzen konnte, hängt sicher auch mit der schwierigen Belichtung der dahinterliegenden, oft großen Räume ab, die große Fensterflächen erforderten. In Ottweiler wurden durch die bis auf den Sockel heruntergezogenen Fensterrahmen Arkaden vorgetäuscht, die über die ganze Front gehen.