Hassel

Gleich nachdem 1867 die Bahnstrecke von Homburg nach St. Ingbert eröffnet worden war, stellten sich Probleme mit dem Tunnel zwischen Hassel und St. Ingbert ein. Dieser war von Anfang an so baufällig, dass die Fahrgäste zeitweilig die Fenster geschlossen halten mussten wegen der Gefahr herabfallender Steine. Außerdem war der Tunnel wohl von Anfang an zu eng bemessen.  Trotz Ausbesserungsarbeiten musste der Tunnel 1895 geschlossen und die Bahnstrecke über Rohrbach nach St. Ingbert umgeleitet werden. Dadurch war in Hassel der Bau eines neuen Empfangsgebäudes nötig, das vermutlich noch im selben Jahr eröffnet wurde. Das bisherige Bahnhofsgebäude wurde stillgelegt. Heute ist auch das neue Gebäude in Privatbesitz und dient als Wohnhaus, obwohl die Bahnlinie noch in Betrieb und Hassel noch Haltepunkt ist.

Leider existieren weder alte noch neuere Risse, so dass hier nur der heutige Außenbau behandelt werden kann.  Bei dem Gebäude handelt es sich um einen rechteckigen Backsteinbau, eingeschossig mit traufständigem Satteldach. Die Großflächen bestehen aus hellgelb glasierten Ziegeln, während alle Binnen- und Gliederungselemente aus roten Ziegeln oder Sandstein sind. Die Achseneinteilung der beiden Seiten differiert: auf der Gleisseite sind es drei Achsen mit Zwillingsfenstern und einem Mittelrisalit, auf der Straßenseite fünf einfache Fenster und ein Dacherker mit Satteldach. An den Schmalseiten wurden flache, niedrigere Anbauten angefügt.  Der unverputzte Sandsteinsockel ist zweiteilig und schließt mit einem Sohlbankgesims ab. Darauf sitzen die profilierten Rechteckfenster mit segmentbogigen Überfangbogen mit betonten Keilsteinen. Ein Gurtgesims trennt das fensterlose Dachgeschoss ab. Unter dem Dach verläuft ein Fries , der auch den seitlichen Giebelschrägen folgt. Die Ecklisenen und ein weiteres Gesims zwischen den Fenstern sind ebenso aus roten Ziegeln wie die Ornamente in der Dachgeschosszone.  Der Mittelrisalit der Gleisseite ist im Erdgeschoss ganz aus roten Backsteinen. Er besitzt ebenfalls Ecklisenen und einen Fries in der Giebelschräge. Am Dachüberstand des Giebels befindet sich eine aus Holz geschnitzte Füllung.

Das Empfangsgebäude von Hassel ist ein sogenannter "Materialbau". Diese sind durch eine dekorative Verwendung von rohen, oft verschieden farbigen Ziegeln gekennzeichnet. Solche Bauten waren im entwickelten Rundbogenstil häufig.  Die Hannoversche Schule unter Conrad Wilhelm Hase verwendete den Backstein dagegen im Zusammenhang mit der Wiederbelebung der Norddeutschen Backsteingotik.  In diesem Zusammenhang ist auch die historistische Strömung der sogenannten "Malerischen Architektur" zu nennen, die sich ab 1870 im Rheinland ausbreitete und vermutlich von hier aus Eingang ins Saarland fand. Unter diesem Begriff fasst Meyer Backsteinrohbauten zusammen, die sich durch eine dekorative Verwendung von farbigen Ziegeln auszeichnen. Bauten ohne eindeutige Stilzugehörigkeit sind ebenso vertreten wie Gebäude im Stil der "deutschen" Renaissance.  Diese "malerische" Architektur wurde vor allem von Franz Klemens Ewerbeck (1839-89) und Karl Friedrich Wilhelm Henrici (1842-1927) im Rheinland propagiert. Beide waren Schüler von Conrad Wilhelm Hase und lehrten später an der Polytechnischen Hochschule in Aachen. Somit hatten sie maßgeblichen Anteil an der Verbreitung der Backsteinarchitektur und der "deutschen" Renaissance im Rheinland.  Unter ihrem Einfluss entstanden Bahnhofsgebäude wie die in Großkönigsdorf und Schiefbahn. Beide besitzen verhältnismäßig einfache Formen, sind aber mit einer teppischhaften Dekoration überzogen, die durchaus mit derjenigen in Hassel vergleichbar ist. Dadurch wird auch die angenommene Enstehungszeit des Hasseler Baus im Jahre 1895 wahrscheinlich.

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