Merchweiler
Das Empfangsgebäude in Merchweiler, an der Fischbachbahn gelegen, wurde 1893 errichtet und wahrscheinlich 1897 um mehrere Achsen erweitert. Es handelt sich um ein äußerst bescheidenes Gebäude, das heute nicht mehr als Empfangsgebäude genutzt wird und leersteht. Die Bauausführungszeichnung war von dem zuständigen Abteilungsbaumeister entworfen und im August 1893 vom Königlichen Eisenbahn-Betriebsamt in Saarbrücken geprüft worden. Hiernach handelte es sich ursprünglich um ein vierachsiges, rechteckiges Gebäude. Die Fahrgäste betraten den Flur an der östlichen Längsseite und gelangten dann von hier aus direkt in den kleineren Warteraum der 1. und 2. Klasse geradeaus oder in den der 3. und 4. Klasse rechts davon. Beide besaßen Zugänge zum Bahnsteig. Links des Flurs lag ein Raum mit dem Fahrkartenschalter, den man vom Dienstzimmer in der Nordwestecke aus betrat. Dieses hatte seinen Eingang an der Westseite. Beide Wartezimmer und der Dienstraum besaßen eigene Zugänge zu den Bahnsteigen. Man achtete also darauf, auch bei den kleinsten Gebäuden die Vorgaben genau einzuhalten. Die Dienstwohnung, die bei fast allen Gebäuden im ersten Obergeschoss liegt, fehlt hier. Der einzige Kellerraum unter dem Dienstzimmer war nur von außerhalb erreichbar durch eine Treppe an der südlichen Schmalseite. Die Aufrisse zeigen ein eingeschossiges Gebäude mit sehr flachem Satteldach. Die Fenster- und Türöffnungen sind rechteckig, mit profilierten Rahmen und Sprossen. Die Fenster besitzen Sohlbänke und die Türen Oberlichter. In den Giebeln sitzen profilierte Radfenster. Ein niederer Sockel und ein Gesims unter dem Dach laufen rund herum. An den Ecken befinden sich geqaderte Lisenen. Das Empfangsgebäude lag bereits damals wie heute längs auf einem Inselbahnsteig, also zwischen den beiden Gleisen. Von einer Fußgängerbrücke aus, die über die ganze Anlage hinwegführt, gelangt man über eine Treppe auf den Bahnsteig. Glücklicherweise ist eine weitere Ausführungszeichnung vom 30. September 1893 erhalten, die die heute nicht mehr erhaltene Treppe samt darunter gelegener Toilettenanlage zeigt. Diese Zeichnung wurde von dem Bautechniker Werner, dem Unternehmer Middeldorff und dem Abteilungsbaumeister unterzeichnet. Die gerade, zweiläufige Treppe besaß unter dem Podest eine Stütze. Zwischen diesem und dem Brückenpfeiler befanden sich vier vollständig getrennte Aborte und ein größerer Waschraum mit zwei Eingängen. Zwischen den Fundamenten befand sich die Faulgrube, die noch bis über die Jahrhundertwende hinaus auf den meisten Bahnhöfen die Wasserspülung ersetzte. Das war auch der Grund für die Lage der Aborte außerhalb der Empfangsgebäude.
Die sechs schmalen Eingänge waren ohne Rahmung in das Mauerwerk eingeschnitten und besaßen segmentbogige Abschlüsse. Ein breites, dreigeteiltes Thermenfenster auf jeder Seite gab sämtlichen Räumen Licht. Segmentbogige Felder auf beiden seitlichen Stützen nahmen die Formen der Öffnungen des Gebäudes wieder auf. Die Treppe besaß ein filigranes Eisengeländer mit geometrischen Mustern.
Offensichtlich war das Empfangsgebäude schnell zu klein geworden, denn vermutlich baute man bereits 1897 an den Schmalseiten an: im Süden zwei und im Norden drei Fensterachsen. Die ursprüngliche Raumaufteilung blieb erhalten; jedoch wurde der Eingang an die südliche Schmalseite verlegt. Links des langen und schmalen Flurs lagen nun zwei Diensträume mit dem Fahrkartenschalter und die Gepäckaufgabe in dem vorherigen kleineren Warteraum. Am nördlichen Kopfende hatte man einen großen Wartesaal dazugewonnen. Am Außenbau rückten die Ecklisenen in die Mitte, jedoch wurden an den neuen Ecken wieder gequaderte Lisenen angebracht. Der Zugang zum Kellerraum war durch die Erweiterung natürlich verschwunden und ein anderer wurde nicht mehr geschaffen. Die Radfenster und die Fenstersprossen wurden entfernt. Außerhalb des Ortes und an unauffälliger Stelle gelegen, hatte das Gebäude keinerlei repräsentative Funktion; es ist deshalb sowohl im Innern als auch äußerlich auf das Notwendigste reduziert. Als Schmuckelemente könnte man lediglich die gequaderten Lisenen, das Gesims und den Sockel ansehen. Während bei dem Empfangsgebäude, wie bei allen bisher behandelten Bauten, auf die damals modernen Baustoffe Eisen und Stahl verzichtet wurde, scheinen die Treppe und das Toilettengebäude eine Konzession an diese neue Architektur zu sein. Mit aus klassischen oder klassizistischen Stilen entlehnten Formen wie Thermenfenstern und Segmentbogen wurde ein ganz zweckgebundenes Gebäude geschaffen. Der kleine Bau ist von allen besprochenen der modernste. Die "besonders phantasievolle Gestaltung" von Klosetthäuschen beschreibt auch Meyer an Beispielen im Aachener Raum. Eine Architektur, die sich mit dem Merchweiler Abort vergleichen ließe, gibt es hier allerdings nicht